Die Weisheit der Pflanzen

Der Arzneipflanzengarten der TU wird zur Pilgerstätte. Hier blüht die Gesundheit.

Von Michael Völkel

Braunschweig. So viele Fachfragen schon morgens um kurz nach elf. Professorin Ute Wittstock ist bei ihrer Führung durch den Arzneipflanzengarten gefordert. „Welcher Wirkstoff in der Melisse ist gut gegen Herpes?“, fragt eine Besucherin. Ein Mann möchte wissen: „Werden die Wirkstoffe des Baldrian durch Mazeration extrahiert?“

Beim Tag der offenen Tür am Sonntag wurde viel gefachsimpelt. Hunderte Besucher nutzten den Tag aber auch zum Entspannen, zum Beispiel am Fröscheteich, mit einem Quarkbrot in der Hand, natürlich mit Kräutern aus dem Garten.

Der 2000 Quadratmeter große Arzneipflanzengarten des TU-Instituts für pharmazeutische Biologie wurde für die Studenten eingerichtet. Inzwischen ist er aber auch bei vielen Bürgern sehr gefragt – täglich geöffnet ab neun Uhr. In der Mendelssohnstraße werden rund 200 Arznei-, Gift- und Gewürzpflanzen vorgestellt, geordnet nach Wirkstoffen. Der jährliche Tag der offenen Tür bietet neben Führungen auch eine Pflanzen- und Saatgutbörse.

„Kräuter im Garten und auf Balkons sind ein absolutes In-Thema. Heute sammeln viele nicht mehr 75 Rosen, sondern erfreuen sich an Nutzpflanzen. Kräuter sind interessant wegen der Inhaltsstoffe, Aromen und Düfte. Man kann sie auch zum Färben verwenden“, berichtet Gärtnermeister Burkhard Bohne, der den Arzneipflanzengarten seit 25 Jahren betreut.

Besonders beliebt sind zurzeit Thymian in verschiedenen Farben und Formen sowie Minze. Die gibt es im TU-Garten in 25 Arten. Salbei ist zunehmend auch als Räucherpflanze gefragt, um Räume energetisch zu reinigen. Viele Privatgärtner nutzen ihre Kräuter nur zum Kochen. Nicht wenige setzen sie aber auch bei Krankheiten ein. „Salbei zum Gurgeln bei Halsschmerzen, ein blähungstreibender Kümmeltee, ein Erkältungsbalsam mit Thymian und Minze – das sind die Klassiker. Und Senfwickel um die Beine fördern die Durchblutung.“

Burkhard Bohne ist beim Tag der offenen Tür umlagert. „Hilft Wermut gegen Wühlmäuse?“, fragt eine Besucherin. „Eher Rizinussamen“, empfiehlt er. Ein Paar erzählt von einer Kochschule und sucht geeignete asiatische Kräuter. Ein Mann erkundigt sich, wie er Engelwurz verarbeiten kann. Aus den Wurzeln dieser Magenkräuter lässt sich Likör zubereiten oder eine Tinktur.

Wie viele Kräuter in Braunschweigs Gärten und auf Balkons blühen, merkt man auch bei den Gesprächen auf den Wegen. „Mutterkraut ist ein schöner Lückenfüller“, berichtet eine Frau. Ihre Freundin antwortet: „Ja, aber ich habe gar keine Lücken.“

Professorin Ute Wittstock (rechts) ist bei der Führung durch den Arzneipflanzengarten gefordert. An Interesse und Fragen ist kein Mangel.

Fotos (2): Völkel

In seinem Element: Gärtnermeister Burkhard Bohne betreut den Garten.

Braunschweiger Zeitung – 30. Mai 2016 – Braunschweiger Lokales – Seite 17

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