„Zu Hause hätte ich genug zu tun“

Neue Braunschweiger Zeitung vom 27. Juli

„Zu Hause hätte ich genug zu tun …“

Kulturpaten kommen seit zehn Jahren trotzdem jede Woche in den Klostergarten – Hacken und Jäten am Fuß der Kirche.

Von Marion Korth, 27.07.2014.

Braunschweig. Gebeugte Rücken, Köpfe, die zwischen Ringelblumen verschwinden. Die fleißigen Gärtner sind kaum zu sehen, in ihre Arbeit vertieft. Sie hacken, sie jäten. Jeden Donnerstag ab 15 Uhr. Viele sind von Anfang an dabei. Zehn Jahre wird der Klostergarten ehrenamtlich gepflegt. Eine Erfolgsgeschichte.
Der Besonderheit des Ortes kann sich niemand entziehen. „Wenn ich durch das Tor gehe, dann bleibt der Stadtstress hinter mir“, sagt Birgit Jäckel. Die Harmonie des Geländes übertrage sich auf sie selbst. Anregungen und Austausch, die gibt es hier nebenbei. „Ich wäre früher nie auf die Idee gekommen, Blumenbutter herzustellen“, sagt Edith Wulke und reicht einen Teller mit Pumpernickelscheiben und der bunt getupften Butter herum. Und für Petra Maiers ist es einfach die Gemeinschaft, die sie so schön findet. „Denn zu Hause habe ich eigentlich genug zu tun.“
„Kulturpaten“ nennen sie und die anderen sich. Das Erbe der Zisterzienser Mönche wird zu Füßen der Klosterkirche Riddagshausen gepflegt. Ihre Gartenbaukunst ist Kulturgut, so will es Gärtnermeister Burkhard Bohne verstanden wissen. In den mit Eichenbalken gefassten Hochbeeten gedeihen selbst die wärmeverwöhnten Kräuter aus dem Mittelmeerraum, deren Samen die Mönche einst mitgebracht hatten. „Alles, was wir heute neu entdecken, wussten die Zisterzienser schon“, sagt der Leiter des Arzneipflanzengartens der TU. Seit zehn Jahren begleitet er Klostergarten und Gartengruppe, Fachwissen und Enthusiasmus gehen bei ihm Hand in Hand.
Im Frühjahr ist es manchmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen gegen das Unkraut, dann sind zusätzliche Einsätze nötig. Im Hintergrund werken die „grünen Männchen“, wie sie bei den Kulturpaten anerkennend genannt werden. Die Mitarbeiter des Neuerkeröder Qualifizierungsbetriebes und früher die der Diakonie mähen den Rasen, ersetzen morsche Bretter, füllen die Beete im Frühjahr mit Kompost auf. Ein dichtes Geflecht des Zusammenwirkens hat sich entwickelt. Manche Unterstützung kommt unverhofft von außen, die Sanitärfirma Meyer zum Beispiel bot sich an, legte kostenlos Rohre für die Gießwasserversorgung, der Rotary Club spendete 5000 Euro. Der Garten ist tip top in Ordnung, gut eingewachsen und dennoch chronisch unterfinanziert. Die Kulturpaten helfen mit, Geld aufzubringen. Urs Müller, einst Koch im Mövenpick, sieht den Garten als Experimentierfeld, bevor er in die Experimentierküche wechselt. Ringelblumensalz oder Rosenzucker werden selbst produziert und verkauft. Das Geld wird in die Anschaffung von Extras investiert, wie die Informationstafel mit Lageplan. An diesem Tag hat Urs Müller schon wieder neue Ideen im Kopf und sammelt Pastinakensamen. Der Erfindungsreichtum kennt keine Grenzen. Die Malven auch nicht, sie müssen hochgebunden werden. Die Stützen aus gebogener Weide passen ins mittelalterliche Gartenbild und sind selbst hergestellt. Petra Maiers steckt sie frisch geschnitten bogenförmig in den Lattenzaun, wo sie trocknen und Stabilität erlangen. Das Ausprobieren und Dazulernen hört nicht auf.
Zehn, zwölf Kulturpaten sind regelmäßig im Garten, etliche wohnen in Riddagshausen, andere, wie Kirsten Gross, kommen mit dem Rad aus der Innenstadt angefahren. Wegen des Gartens und der Gemeinschaft …
• Eine gute Gelegenheit, Garten und Gärtner kennenzulernen, ist das nächste Kulturpatencafé am 3. August ab 15 Uhr mit Führungen, Kaffee und Kuchen.

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