Neue Kolumne in der Pforzheimer Zeitung

Ich freue mich über eine wunderbare Kräuterkolumne in der Pforzheimer Zeitung. Los ging es mit einem ausführlichen Interview und anschließend gibt es an jedem Samstag ein neues Pflanzenporträt im Ratgeberteil der PZ.

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„Mensch und Natur müssen in Einklang leben“

Kräuterexperte Burkhard Bohne erklärt im PZ-Interview, warum Petersilie & Co. wieder so beliebt sind

Von Petra Joos

Kräuter sind wieder in. Sie haben das hausbackene Image abgestreift und fehlen in kaum einer Küche mehr. Selbst heimische Kräutergärten sind keine exklusive Angelegenheit der älteren Generationen mehr. Burkhard Bohne ist ein echter Experte in Sachen Kräuter und wird als solcher von heute an jede Woche für die „Pforzheimer Zeitung“ eine Kolumne unter dem Titel „Kräuterschule“ schreiben (siehe Seite 50). Im Interview mit der PZ erklärt er die Renaissance von Petersilie & Co., verrät, wie einfach sich das eigene „Verdauerle“ herstellen lässt und lüftet das Geheimnis um die aphrodisierende Wirkung von Kräutern.

PZ: Es scheint, als würden immer mehr – auch jüngere Menschen – Kräuter für die heimische Küche entdecken. Wie erklären Sie sich das wachsende Interesse?

Burkhard Bohne: Zum einen werden Kräuter zu verschiedensten Zwecken verwendet – in der Küche, der Heilkunde und auch als Rohstoffe, zum Beispiel für Öko-Farben oder auch technische Öle. Zum anderen sind Kräuter Nutzpflanzen und seit Jahrtausenden in Gebrauch, wahrscheinlich schon so lange es Menschen gibt. Es ist wahrlich kein Wunder, dass sich viele Menschen, die vielleicht ein wenig nach ihren Wurzeln suchen, auf Althergebrachtes besinnen und unseren alten Wissensschatz wieder nutzen wollen. Und Kräuter aus dem eigenen Garten – besser kann es gar nicht sein.

PZ: Sie selbst haben die Kräuter ja schon seit zwei Jahrzehnten für sich entdeckt.

Bohne: Ich bin schon mit Kräutern groß geworden. Als Kind habe ich meine Ferien häufig auf dem Land verbracht und kam so mit Bauerngärten, deren Kräuter und auch mit der Volksheilkunde in Berührung. Natürlich fand ich verschiedene Tees grässlich und mochte auch meinen Hustensaft aus Rettich mit Honig nicht allzu gern. Aber trotzdem war der Kräuterkeim gelegt. Als Jugendlicher habe ich mich immer gern mit Pflanzen umgeben, und so lag der Berufswunsch Gärtner auf der Hand. Mich fasziniert, dass die Kräuter mit all ihren Düften und Farben die Menschen glücklich machen und ihnen von großem Nutzen sind. Kräutergärten sind wie Oasen für die manchmal sehr gestressten Menschen.

PZ: Sie verwenden sehr viel Kraft und Energie darauf, ihr Kräuterwissen weiterzugeben: Sie machen Führungen, halten Vorträge, veranstalten Seminare…

Bohne: Meine Motivation liegt zum einen an meinem großen Interesse an den Pflanzen. Zum anderen nutze ich gerne jede Gelegenheit, auf die Zusammenhänge von Natur, Mensch und Garten hinzuweisen. Vielleicht halten mich einige für etwas naiv oder zu grün, aber ich bin der festen Meinung, dass der Mensch nur in einer gesunden Umgebung zufrieden leben kann. Die Umgebung ist nur gesund, wenn Mensch und Natur im Einklang leben. Die Suche nach diesem Einklang ist sicher auch ein Grund, warum Kräuter heute wieder so angesagt sind.

PZ: Wie viele verschiedene Kräuter gibt es in Deutschland und welches sind die beliebtesten?

Bohne: Es gibt mittlerweile Tausende verschiedener Kräuter auf dem Markt, wobei man sagen muss, dass nicht alle Kräuter gleich gut zum Heilen oder Würzen geeignet sind. Ich denke, wenn wir die Auswahl zwischen 500 verschiedenen Arten und Sorten haben, sind wir bestens bedient. Am beliebtesten sind nach wie vor gängige Küchenkräuter wie Petersilie, Basilikum, Minze und Majoran. Allerdings hört die Entdeckungslust von Kräutersammlern wohl nicht auf, und so werden immer wieder neue Pflanzen aus verschiedenen Erdteilen zu uns gebracht und auch angebaut. Denken Sie nur an die Kräuter der Ayurvedischen Medizin und der Traditionellen Chinesischen Medizin.

PZ: Welche Kräuter sollten in keiner Küche fehlen?

Bohne: Auf jeden Fall sollten alle Klassiker vorhanden sein: Petersilie, Schnittlauch, Thymian, Rosmarin, Oregano, aber auch Salbei, Minzen und natürlich die Kamille.

PZ: Für all jene, die keinen eigenen Garten haben: Wo beschafft man sich die Kräuter am besten und warum?

Bohne: Da die Qualität der Kräuter an ihrem Aroma oder ihrer Wirkung bemessen wird, ist es wichtig, dass die Pflanzenkultur immer den Bedürfnissen der Pflanze gerecht wird und dabei der Umwelt so wenig wie möglich schadet. Daher kommen für mich von Anfang an immer nur biologisch angebaute Kräuter in Frage.

PZ: Würden Sie sagen, Kräutersammeln ist wie Pilzesammeln: Nur, wer wirklich Ahnung hat, kann sich in Wald und Wiese aufmachen, jeder andere sollte die Finger davon lassen?

Bohne: Ja, unbedingt! Und zwar aus zwei Gründen: Zum einen besteht häufig die Verwechslungsgefahr mit giftigen Kräutern, zum anderen kann man die Schadstoffbelastung im Sammelgebiet nie wirklich genau kennen. Hinzu kommt, dass die Vegetation durch das Sammeln von Kräutern nicht wirklich reicher wird und einige Arten seltener werden, weil sich ihr Lebensraum verändert. Aus all diesen Gründen ist der Anbau im Garten unbedingt zu empfehlen.

PZ: Kräuter würzen nicht nur Speisen, sondern sind auch unter pflegenden und heilenden Gesichtspunkten sehr hilfreich. Haben Sie ein paar Tipps?

Bohne: Die gängigste Alltagsanwendung ist der Kräutertee. Verschiedene Kräuter haben verschiedene Wirkung auf den Körper und können unterschiedlich eingesetzt werden. Salbeitee zum Beispiel wirkt desinfizierend. Damit zu Gurgeln hilft bei Halsschmerzen und Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Kein Wunder, dass das ätherische Salbeiöl desinfizierender Bestandteil von Zahncremes ist oder auch in der Lebensmittelindustrie verwendet wird. Relativ einfach ist es auch, Kräuterliköre herzustellen. Sie benötigen dazu nur einige getrocknete Kräuter (Kümmel, Liebstöckel, Engelwurz, Minze) und einen hochprozentigen Schnaps. Die Kräuter werden für mindestens zwei Wochen eingelegt, später abgesiebt – und fertig ist der Verdauungsschnaps.

PZ: Wie kann man Kräuter haltbar machen?

Bohne: Durch das Trocknen der entsprechenden Pflanzenteile. Dazu werden die Kräuter zum richtigen Zeitpunkt geerntet, meist gebündelt und schonend getrocknet: keine Sonne, gut gelüftet, bis 37 Grad Celsius. Einige Kräuter wie Basilikum, Petersilie oder Schnittlauch kann man nicht trocknen, sie werden frisch verbraucht oder eingefroren. Das Aroma vieler Kräuter kann auch durch die Herstellung von Kräuteressig, -öl oder -likör konserviert werden. Frisch geerntete Kräuter können für einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.

PZ: Haben Sie ein Lieblingskraut?

Bohne: Mein Favorit ist der Muskateller-Salbei: Er ist groß, hat einen interessanten Blütenstand und einen herrlichen Duft. Außerdem ist er ein Magnet für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge.

PZ: Früher wie heute sagt man Kräutern eine aphrodisierende Wirkung nach: Ein Aberglaube?

Bohne: Nein, nicht wirklich, viele der aphrodisierend wirkenden Kräuter haben anregende oder belebende Wirkung, andere fördern die Durchblutung. Allerdings ist es sicherlich Aberglaube, dass ich mit Kräutern die Liebe herbeizwingen kann. Sie sind vielmehr geeignet, ein zauberhaftes Ambiente zu schaffen, in dem sich die Liebe gut entfalten kann.

Kastentext: In unserer Kultur wurden Kräuter meist von Frauen gesammelt und im Brauchtum sowie zum Heilen verwendet. Somit haftet den Kräutern von jeher ein gewisser mythologischer Zauber an: Sie halfen, böse Geister und Krankheiten zu vertreiben, ihre Düfte sollten die Liebe befeuern. Kräuter galten als Schutzpflanzen und ihr Auffinden wurde als gutes Omen gedeutet. Vom Mittelalter ansetzte sich die Klosterheilkunde immer mehr durch. Neue Pflanzen wie Salbei oder Weinraute kamen auf, Kräuter wurden planmäßig in Klos- tergärten angebaut. Auch die Schriften großer antiker Ärzte kamen zu uns. Nach und nach entwickelte sich der Berufsstand der Ärzte und Apotheker, die auf die Heilkraft der Kräuter angewiesen waren und zu ihrer Weiterverbreitung beitrugen. bb

Pforzheimer Zeitung vom 21.05.11